Strohbrand
Presse 2019
Großfeuer auf Bauernhof in Koberg
Stroh verbrannte am Schewenböken - Vieh wurde gerettet.
Feuer-Alarm in Koberg im Kreis Herzogtum Lauenburg: In der Nacht zum 1. Mai stand ein Strohlager auf einem Bauernhof in Flammen. Seit einem halben Jahr wütet in der Region eine Brandserie.
Hat der Brandstifter, den die Polizeidirektion Ratzeburg mit einer Ermittlungs-Gruppe jagt, erneut zugeschlagen? Am Mittwoch gegen 0.40 Uhr stand plötzlich das Strohlager auf einem Bauernhof in Koberg in Flammen.
Brandserie geht weiter
Ein Großaufgebot der Feuerwehren aus der Region rückte zum Löschen an. Der Einsatz zog sich auch am Morgen noch hin. Seit einem halben Jahr brennt es im Kreisgebiet immer wieder auf Bauernhöfen – mittlerweile mehr als ein Dutzend Mal.
Hinter einer Scheune an der Straße Schewenböken hatten Anwohner den Brand bemerkt und einen Notruf abgesetzt. Sofort wurde die Feuerwehr alarmiert. Schließlich wurde das Stichwort auf Feuer groß und nachher sogar auf Feuer für zwei Löschzüge erhöht.
Tiere in Sicherheit gebracht
Mit zahlreichen Strahlrohren bekämpften de Einsatzkräfte den Brand. So konnten sie ein Übergreifen des Feuers auf eine in der Nähe stehende Scheune verhindern.
Drei Kälber konnten von dem betroffenen Landwirt und Helfern in Sicherheit gebracht werden. Über Koberg breitete sich eine riesige Rauchwolke aus.
3. Mai 2019, Lübecker Nachrichten, von Timo Jann
Foto:
In der Nacht zum 1. Mai stand ein Strohlager auf einem Bauernhof in Koberg in Flammen.
Timo Jann
Großfeuer von Koberg Thema im Brandstifter-Prozess
Viele betroffene Landwirte sagen aus - Zweiter Prozesstag behandelt - Brände in Koberg und Reinbek - Zeugen hatten einen schwarz gekleideten Mann gesehen - Schäden nicht oder nur teilweise erstattet
Lübeck/Koberg. Auf dem Gang des Landgerichts steht ein halbes Dutzend Opfer von Brandstiftungen. Sie sprechen über den Schock, als sie mitten in der Nacht von dem roten Leuchten geweckt wurden, erzeugt von haushohen Flammen auf ihren Höfen. Es sind überwiegend Menschen aus der Landwirtschaft. Und immer wieder stellt sich sinngemäß die gleiche Frage: Wie kann ein Brandstifter in Kauf nehmen, dass Menschen und Tiere in Lebensgefahr geraten?
Ein Feuerteufel hatte auf seinem Weg durch die Kreise Herzogtum Lauenburg und Stormarn auch ihre Gebäude in Brand gesteckt. Noch mehr überrascht es sie, dass der wegen schwerer Brandstiftung angeklagte 51-Jährige ein Feuerwehrmann war. Einige Opfer leiden finanziell noch immer, weil die Versicherungen nicht für alle Schäden aufkamen. "Ich kann mich da nicht reinversetzen. Vielleicht hatte er Spaß daran, dass Tiere verbrennen", mutmaßt eines der Opfer vor dem Gerichtssaal.
Der von der Brandstiftung in Koberg betroffene Landwirt berichtet im Zeugenstand über die Nacht vom Tanz in den Mai. Völlig erschöpft von der Arbeit sei er auf der Couch vor dem Fernseher eingeschlafen. Als seine Ehefrau ihn gegen 0.30 Uhr weckte und aufgebracht gerufen habe, dass es brenne, sei die Nacht schon von Flammen erhellt gewesen. "Diesen Moment werde ich nie vergessen, als ich hochschreckte und das Feuer sah", erklärte der Zeuge.
Nachbarn und Passanten hatten schon damit begonnen, die Tiere aus dem Stall zu treiben. Alle 15 Kälber konnten schließlich gerettet werden."Zwei Kälber-Iglus sind leider verkokelt", sagt der Landwirt, der neben der Arbeit auf dem Hof auch noch in der Krankenpflege arbeitet. Das Jahr sei schrecklich trocken gewesen und deshalb hätten viele Landwirte - wie auch er - ihre Rundballen aus Angst, sie könnten gestohlen werden, vom Feld geholt und auf dem Hof in einer Miete gelagert. Dort boten sie den Flammen reichlich Nahrung. Ein Polizist im Zeugenstand schloss auf Nachfrage der Richterin Helga von Lucovicz aus, dass ein technischer Defekt oder Fahrlässigkeit zum Brand geführt habe. In der Halle war auch ein Traktor stark von den Flammen beschädigt worden. Mithilfe eines anderen Traktors habe er jedoch aus der Scheune gebracht werden können. "Ich habe versucht zu retten, was zu retten war. Aber hinterher sah es aus wie auf einem Schlachtfeld", schildert der Landwirt. Von der Versicherung habe er lediglich zwei Drittel des Schadens, zwischen 7000 und 8000 Euro, erstattet bekommen.
Dunkel gekleideter Mann rannte zu Auto mit laufendem Motor
Mehrere Zeugen wollen in der Nacht auf dem Weg zum Koberger Hof einen dunklen Kleinwagen gesehen haben. Unter anderem eine Frau aus Walksfelde hatte angehalten, weil man die Flammen schon von Weitem sehen konnte. Die Rückscheinwerfer des Kleinwagens brannten. Sie habe vermutet, dass es sich um einen Helfer gehandelt habe. Doch bei der Hilfsaktion auf dem Bauerhof konnte später niemand dem dunklen Auto zugeordnet werden. Ein 15-Jähriger, der von einem Maifeuer abgeholt wurde, hatte einen dunkel gekleideten Mann zu dem Auto rennen sehen, dessen Motor die ganze Zeit lief.
Sohn allein zu Hause, als der Hühnerstall brennt
Außerdem geht es um einen Brand am 26. Juni 2019 in Reinbek - dem Ort, in dem der Angeklagte früher als Feuerwehrmann tätig gewesen sein soll, bevor er Jahre später in die kleine Wehr in der Nähe von Ratzeburg eintrat. "Wir waren im Urlaub. Unser Junge war allein zu Hause und hat uns über Whatsapp mitgeteilt, dass es bei uns brennt", sagt die Frau im Zeugenstand. Ein Heulager und ein Hühnerstall unweit des Wohnhauses brannten aus, während die besorgten Eltern in Norwegen weilten.
"Die Feuerwehr konnte die Hühner zum Glück retten", sagt die Reinbekerin. Auch sie berichtet jedoch, dass sie bis heute finanziell unter dem Feuer leide und sich im Gericht nun erstmals jemand für das Geschehene interessiere. Auf dem entstandenen Schaden sei die Familie sitzengeblieben. Auf die Frage an die Richterin, wer einem bei so etwas helfen könne, rät ihr Helga von Lukovicz, sich einen Anwalt zu nehmen. Denn wie so oft in Prozessen geht es um Strafrecht - also weitgehend um die Zukunft des Täters.
Ein Großaufgebot der Feuerwehren aus der Region rückte seinerzeit beim Brand in Koberg zum Löschen an. Der Einsatz dauerte bis in den Morgen. Es war einer der letzten Brände, die die Staatsanwaltschaft dieser Serie zugeordnet hat. Vier Wochen später wurde der jetzt Angeklagte unweit der Brandstelle in Kühsen festgenommen.
Der Angeklagte, der die Aussage am ersten Prozesstag verweigert hatte, wurde gestern in Hand- und Fußfesseln in den Gerichtssaal geführt. Er machte sich fast unablässig Notizen und beriet sich mit seinem Verteidiger.
21. Januar 2020, Lübecker Nachrichten, von Florian Grombein